Einmal quer durch Nordamerika

2. November 2018

Wieso ich diesen Reisebericht schreibe? Weil es erstens zu schade wäre, die Erinnerungen und Erlebnisse einer dreiwöchigen Reise durch die USA und Mexiko für mich zu behalten. Zweitens: Weil ich dazu animieren möchte, die Welt zu entdecken!

Ich war auf Rennstrecken in aller Welt, zum Land und Leute entdecken fehlte jedoch meist die Zeit. Mit den drei für uns aufeinander folgenden Veranstaltungen auf der Road Atlanta (IMSA-Serie), in Austin (Formel 1) und Mexiko-Stadt (Formel 1 und Supercup) bot sich eine einmalige Gelegenheit dazu.

Petit Le Mans auf der Road Atlanta

Beginnen wir mit der Road Atlanta, der ersten Station der Reise. Die Rennstrecke nördlich von Atlanta war Austragungsort des Petit Le Mans, das traditionell das Finale der IMSA WeatherTech Sportscar Championship darstellt. Da das zehnstündige Rennen zu den wichtigsten Langstreckenrennen Nordamerikas zählt, war es wichtig, vor Ort zu sein. In der IMSA-Serie betreuen wir Fahrer und Teams bei ihrer Presse- und Social-Media-Arbeit.

Die drei Tage an der Strecke habe ich wirklich genossen. Wieso? Weil amerikanischer Motorsport einfach etwas Besonderes ist! Ich liebe den Rennsport, wie er in Europa ausgetragen wird. Aber: Rennen wie das Petit Le Mans sind so viel mehr rudimentär und rustikal – das Racing steht einfach im Mittelpunkt.

Was ich damit meine? Anders als in Europa steht nicht eine prunkvolle Hospitality nach der nächsten im Fahrerlager. Stattdessen sitzen alle Fahrer und Teammitglieder – egal von welchem Hersteller – in einem großen Catering-Zeit und essen ihre Pasta von Plastiktellern mit Plastikbesteck. Boxengebäude gibt es nicht, wodurch der Fan direkt am Geschehen ist. Die Fahrzeuge in den Zelten stehen den Besuchern während der gesamten Zeit offen. Und generell sind alle viel lockerer drauf. Ich rate daher jedem, der es noch nicht selbst erlebt hat, ein IMSA-Wochenende zu besuchen!

Las Vegas

Von Atlanta ging es mit dem Flieger reichliche vier Stunden Richtung Westen in die Wüste Nevadas – nach Las Vegas um genau zu sein. Die Stadt, die bekanntlich niemals schläft, machte ihrem Ruf alle Ehre und strotzte nur so mit Attraktionen – und das rund um die Uhr.

Wie muss ich mir Las Vegas vorstellen? Wie einen riesigen Freizeitpark, der vielfältiger nicht sein könnte. Die Hauptrolle spielen dabei die Hotels, die unterschiedlichste Themenwelten verkörpern. „New York, New York”, „Luxor” und „Excalibur” sind nur einige dieser Hotels, die mehr einem Vergnügungspark ähneln. Weltbekannte Casinos wie das Caesar’s Palace oder das Bellagio runden das Ganze ab.

Eines meiner persönlichen Highlights in Las Vegas: Das M&M’s Kaufhaus, das mit zahlreichen Highlights zu begeistern wusste: Unter anderem mit einer Etage, die unter dem Motto „M&M’s Racing Team“ stand. Ein ausgestellter Nascar-Wagen im Design der bunten Süßwaren, ein Kino im Kaufhaus und eine Maschine zum individuellen Bedrucken eigener M&Ms – Marketing vom Feinsten!

Wer nach Las Vegas reist, sollte es sich nicht nehmen lassen, den Stratosphere Tower zu besuchen. Mit 350 Metern ist der Turm das höchste freistehende Gebäude westlich des Missisippi und bietet einen Blick, der nur schwer in Worte zu fassen ist. Und weil eine Aussichtsplattform nicht genug ist, findet sich weit über den Dächern von Las Vegas ein Edel-Restaurant, eine Bar und noch drei Fahrgeschäfte. Klingt verrückt? Ist es auch!

Colorado Springs

Auf eine Stadt, die nur zum Spaßhaben gebaut wurde, folgte das absolute Kontrastprogramm: Colorado Springs. Eine Stadt im US-Bundestaat Colorado, die so besinnlich und ruhig ist, dass auf dem Mietwagenparkplatz des Regionalflughafens Hirsche hausieren.

Weltbekannte Sehenswürdigkeiten hat das Städtchen am Rande der Rocky Mountains nicht. Und trotzdem hatte ich dieses Reiseziel schon seit Langem vor Augen. Dass sich meine Wahl als richtig erweisen würde, zeigte sich schnell: Ich besuchte den „Garden of the Gods“, der an den Stadtrand grenzt. Hierbei handelt es sich um einen riesigen Park mit eindrucksvollen Sandsteinformationen. Wahrscheinlich das erste und einzige Mal, dass mich Steine beeindruckten. 😉

Pikes Peak

Vom „Garden of the Gods“ ging es zu „Devil’s Playground“ – einem Abschnitt des berühmt-berüchtigten Bergs Pikes Peak. Wie der Name schon sagt, musste hier der Teufel seine Finger im Spiel gehabt haben. Denn die Fahrt zur Spitze des Pikes Peak war aufregend und furchteinflößend zu gleich. Eine kurvige Straße, steile Klippen und Schnee, der mit jedem Höhenmeter mehr wurde.

Leitplanken gab es. Aber mehr zur Deko in der ein oder anderen engen Kurve der rund 25 Kilometer langen Strecke. Dass hier jährlich das berühmteste Bergrennen der Welt ausgetragen wird, ist für mich nach diesem Erlebnis nur noch eines: Absolut unfassbar! Unvorstellbar, wie Profis wie Sebastien Loeb oder Romain Dumas den Sprint an die Spitze in weniger als acht Minuten absolvieren können.

Die Bezeichnung „Race to clouds“ trifft übrigens voll und ganz zu. Während der rund einstündigen Fahrt nach oben führt die Straße stets direkt in den Himmel. Oben angekommen, ist man auf Augenhöhe mit den Wolken. Glücklicherweise erwischte ich einen sonnigen Tag, der weite Blicke auf die Rocky Mountains und sogar bis zu den Wolkenkratzern von Denver erlaubten.

Auf den Spuren des Goldrauschs in Colorado

Einen Besuch in Colorado kann ich nur wärmstens empfehlen – vor allem, wenn man sich für amerikanische Geschichte interessiert. Denn dieser Bundesstaat hat eine Menge zu erzählen!

Nach der Bergetappte zum Pikes Peak ging es mit dem Mietwagen weiter Richtung Westen. Zirka zwei Stunden außerhalb von Colorado Springs brach vor rund 150 Jahren der Goldrausch aus. Vom Gold ist mittlerweile nichts mehr übrig und ganze Regionen sind wie ausgestorben. An die goldene Ära erinnern jedoch noch zahlreiche Minen, in denen bis Anfang des 20. Jahrhunderts das Edelmetall zu Tage gebracht wurde.

Als die Goldvorräte erschöpft waren, wanderten auch die Menschen ab. Was blieb, sind Geisterstädte mit Gänsehautcharakter. Alles erweckt den Eindruck, dass hier die Zeit vor mehr als 100 Jahren stehen geblieben ist. Vom Feuerwehrhaus, Saloon und alten Hotels. Wie sich der Besuch anfühlte? Man stelle sich vor, eine Folge „The Walking Dead“ zu schauen – gepaart mit einem Western als Location. Die Häuser sind verlassen, die Straßen leer gefegt – nur ab und an traf man den ein oder anderen Obdachlosen, der um einen Dollar bettelte.

Denver

Von einer leergefegten Geisterstadt ging es weiter in eine Millionenmetropole, die nur so vor Leben sprudelte: Denver. Die Hauptstadt Colorados ist zugleich ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für die US-Luftfahrt. Von hier lässt sich so ziemlich jeder noch so kleine Flughafen der Vereinigten Staaten ansteuern. Vor meinem Flug von Denver nach San Diego nutze ich die Gelegenheit, den Stadtkern zu besuchen.

Meine Erwartungen an die Stadt waren nicht hoch, dafür war ich umso mehr beeindruckt. Die Metropole machte einen rundum frischen, sauberen und dynamischen Eindruck. Moderne Hochhäuser wechselten sich mit traditionellen Backsteingebäuden ab und gaben der Innenstadt einen besonderen Charme. Viel Zeit blieb mir in Denver nicht, weshalb ich mich auf den erstbesten Vorschlag von Tripadvisor verließ und die Union Station besuchte. In dem historischen Bahnhofsgebäude Denvers finden sich verschiedene Restaurants und Bars, die sehr stilvoll eingerichtet sind.

San Diego

Traumhafte Küsten, idyllische Wälder und pulsierende Innenstädte – Kalifornien ist abwechslungsreich und schön zu gleich. Das i-Tüpfelchen des Bundesstaats, der auch als „Golden State“ bezeichnet wird, ist San Diego. Im Süden von Kalifornieren gelegen, grenzt die Stadt an Tijuana (Mexiko).

Was die Stadt auszeichnet? Vieles! Man nehme die schönsten Flecken der Erde, fügt Menschen verschiedenster Nationen hinzu und schon erhält man das Rezept für San Diego. Historische Gebäude aus der Kolonialzeit erinnern an Spanien, Events wie das „Fest der Toten“ versprühen mexikanisches Flair und ein Spaziergang durch den Presidio Park gibt einem das Gefühl, durch die Berge Südwestaustraliens zu wandern.

Trotz aller landschaftlichen Leckerbissen war mein Highlight ein ganz anderes: Die USS Midway. Hierbei handelt es sich um einen Flugzeugträger, der im Hafen – unmittelbar vor San Diego Downtown – vor Anker liegt. Die Besonderheit dabei: Das Schiff wurde zum Museum umgewandelt und ist für jedermann zugänglich.

Als Kind habe ich „JAG – Im Auftrag der Ehre“ geliebt und wie viele kleine Jungs davon geträumt, mal einen Flugzeugträger zu besuchen. Hinter diesen Traum durfte ich nun also auch einen Haken machen.

Einmal an Bord, taucht man sofort in eine andere Welt ein. Lebensechte Puppen, Animationen und Veteranen, die mit ihren Geschichten die Geschichte des 1945 erbauten Schiffs zum Leben erwecken. Meine Eindrücke dieses Besuchs lässt sich mit einem einzigen Wort zusammenfassen: Wow!

Los Angeles

Nicht die schönste Stadt, aber dennoch einzigartig: Los Angeles. Als wichtiger Dreh- und Angelpunkt an der Pazifikküste bietet es sich immer wieder an, die US-Metropole in die Reiseplanung einzubinden. Abstecher nach Hollywood, Bel Air oder in die Universal Studios sind genauso zu empfehlen wie ein Abend am Santa Monica Pier. In Sachen Schönheit kann Los Angeles mit seinen „Nachbarn“ San Diego und San Francisco nicht mithalten und dennoch ist die Stadt immer wieder anziehend.

Wer jetzt übrigens glaubt, dass eine Reise durch die USA mit hohen Kosten verbunden ist, der irrt. Nationale Flüge sind meist sehr erschwinglich und Mietwagen plus Benzin im Vergleich zu Deutschland deutlich günstiger. Richtig spart man aktuell mit dem Bus: Denn seit Sommer 2018 gibt es Flixbus auch in den USA. Die Fahrt von San Diego nach Los Angeles kostete unschlagbare 4,50 Euro.

Mexiko-Stadt

Mexiko-Stadt – seit 2015 gastiert hier jährlich wieder die Formel 1. Das heißt: Zusätzlich zum ohnehin schon herrschenden Chaos kommt auch noch der Trubel der Königsklasse in die größte Stadt des Landes.

Wieso chaotisch? Man stelle sich eine Stadt vor, die 24 Stunden pro Tag und sieben Tage die Woche unter Strom steht. Nie kehrt Ruhe ein – weder auf den Autobahnen, in den Nebengassen oder auf den zahlreichen Marktplätzen. 8,5 Millionen Einwohner, die gefühlt immer auf den Beinen sind – es wird das Gefühl erweckt, sich in einem Ameisenhaufen voller Menschen zu befinden.

Wer sich über Mexiko-Stadt informiert, hört Aussagen wie „gefährlichste Stadt der Welt“ oder wird vor Dieben, Drogenbanden und korrupten Polizisten gewarnt. Ob das so wirklich stimmt, kann ich nach den wenigen Tagen schlecht beurteilen. Die Metropole ist – vor allem während der Formel 1 – voll von Soldaten, Streifenwagen und Panzern. Ohne Grund rüstet sich die Stadt sicherlich nicht so auf.

Dennoch ist es wohl gerade dieses unsichere Gefühl, das man als Mexiko-Tourist mit „kauft“. Nachts durch die Stadt fahren, die Blicke nach links und rechts in dunkle Ecken, wo Autos die Räder abmontiert worden oder Kreuze an Bluttaten erinnern. Vor allem für US-Amerikaner ist Mexiko-Stadt ein beliebter Ausflugsort zum Feiern, Shoppen und Spaß haben. Ich denke einfach, dass gerade wir Europäer hier etwas zu übervorsichtig an die Sache herangehen.

Wie schon erwähnt, blieb nur begrenzte Zeit, um die Stadt zu entdecken. Dafür stand der Motorsport im Mittelpunkt, der dafür umso mehr Spaß gemacht hat! Das Finale des Porsche Mobil 1 Supercup stand im Fokus der Arbeit. Für unsere beiden Kunden FACH AUTO TECH und Project 1 ging es um den Titelkampf.

Wirklich beeindruckt war ich von der Rennstrecke. Die habe ich dank eines ausführlichen Trackwalks zusammen mit den beiden Profis Jaap van Lagen und Nick Yelloly bestens kennenlernen dürfen. Okay – Trackwalk ist vielleicht der falsche Begriff dafür, wenn man mit einem Tandem mit neun Sitzen um die Strecke gurkt. Das Resultat unserer Fahrt war eine ausführliche Vorstellung der Strecke für Instagram Stories von FACH AUTO TECH. Hier könnt Ihr Euch das Ganze noch mal anschauen.

Mexikanische Motorsportfans sind etwas besonderes. Leidenschaftlich, verrückt und mit ganzem Herzen dabei strömten an allen Tagen Menschenmengen an die Strecke. Das Gefühl, im vollbesetzten Stadion zu stehen: Unbeschreiblich!

Während Lewis Hamilton den Sack in der F1 zumachte, fuhren unsere Kunden im Supercup jeweils die Vize-Titel ein. Mit dem Fallen der Zielflagge in Mexiko endete nicht nur der Supercup 2018, sondern auch meine Reise. Rückblickend einer der aufregendsten Trips, den ich je erlebt habe!

 

Geschrieben von Markus Findeisen